Mieter*innen stressen zurück

Der Immobilienmarkt in Berlin „boomt“ in diesen Zeiten. Während Hotel-Investments, Neubaulofts, (Luxus-)Sanierungen und Privatisierungen den Hausbesitzenden fette Profite bescheren, zahlen genau diese Rendite die Mieter*innen dieser Stadt. Die Eigentümer*innen werden immer reicher, da sie mehr Miete verlangen, und den Menschen mit geringen Einkommen bleibt noch weniger als ohnehin schon. Das Recht auf Eigentum ist in der kapitalistischen Stadt wichtiger als das Recht auf Wohnen. Viele werden verdrängt, ca. 20 Zwangsräumungen gibt es täglich. Im bunten Berlin.

In Zeiten der internationalen Krise scheint eine Investition in Wohn-Immobilien derzeit als verhältnismäßig sicheres Geschäft. Leider. Noch. Denn die kapitalistische Stadt funktioniert nur so lange reibungslos, wie die einzelnen Beteiligten ungestört zusammenarbeiten können. Und genau da liegt unser Ansatz: Wer sich als Teil der antisozialen Stadtumstrukturierung hervortut, kommt auf die Liste. Alles und Alle auf dieser Liste müssen mit einem Besuch rechnen. Dabei ist die Palette groß.

Ob ein negatives Outing in der Nachbarschaft, ob das kollektive Überreichen eines Protestbriefes, ob eine kreative Fassadenumgestaltung eines Büros, ein Sit-In oder ziviler Ungehorsam bei einer Räumung – wir sammeln hier alles, was den Druck auf die Gegenseite erhöht und unseren Dissens sichtbar macht. Wir freuen uns über gut recherchierte Infozettel zu einzelnen Mitglieder*innen der Liste, aber auch über unzählige, kreative, militante, radikale, bunte, auffällige, gute Aktionen. Dabei sollte das Ziel einer solidarischen, gemeinschaftlichen/friedlichen Gemeinschaft nicht aus den Augen verloren gehen.

Die Eigentümer*innen, Investor*innen, Projektentwickler*innen und Hausverwaltungen
Die an einen Investmentfonds privatisierte GSW sichert beispielsweise ihren Anteilseignern zweistellige jährliche Rendite zu – dies zahlen die Mieter*innen und von diesem Geld geht nichts in die Instandhaltung der Häuser. Dieses Profitprinzip durchzieht allerdings den gesamten Wohnungsmarkt und jedes beteiligte Unternehmen unterliegt dieser Logik. Einige tun sich aber besonders ätzend hervor: Sie schikanieren Mieter*innen, ziehen vor Gerichte und rufen die Polizei, erhöhen die Miete, führen Luxussanierungen durch und setzen teure Luxusprojekte in unsere Kieze. Diese sind Motoren der Verdrängung und sie kommen deshalb auf die Liste.
Die Politik
Die Politik hat in den letzten Jahren massenweise Immobilien privatisiert und die stadteigenen Betriebe auf profitorientierte Marktlogik umgestellt. Die Mieter*innen zahlen dafür. Bei angeblich leeren Kassen werden Flughäfen und Schlösser gebaut, statt Wohnungen in die Hand der Menschen zu geben. Die Politik hat Projekte wie Mediaspree als Public-Private-Partnership ins Leben gerufen und wirkt seit Jahren daran mit, dass Mieter*innen-Rechte wie Mietobergrenzen abgebaut werden. Dabei haben sich alle Parteien, die Regierungsverantwortung hatten, an diesem Prozess beteiligt. Wir merken uns die diejenigen, die sich für Profite und gegen das Recht auf Wohnen einsetzen. Verarschen lassen wir uns nicht mehr – sie kommen auf die Berliner Liste.
Die Justiz und die Polizei
Die Justiz entscheidet verstärkt Mieter*innen-feindlich und stellt immer wieder Räumungsurteile aus. Ihre Urteile sind unverhältnismäßig und setzen Menschen auf die Strasse wegen ein paar hundert Euro Mietschulden oder einem „zerrüttetem Mietverhältnis“. Sie sind damit die Schreibtischtäter*innen-Abteilung der Verdrängung.
Und deutsche Polizist*innen, als nächstes Glied der Kette, sind meist befehlshöriger als ihre eigenen Diensthunde – allzeit bereit, die Profitinteressen der Eigentümer*innen mit massivster Gewalt durchzusetzen. Exemplarisch dafür ist die Räumung der Familie Gülbol, bei der ein Helikopter, 860 sogenannte Polizeibeamt*innen in Prügeluniform anrückten, um die Räumung einer einzigen Wohnung durchzusetzen.
Sie werden hier aufgelistet, ihr schmutziges Handwerk wird damit offengelegt.
Ideologie der Verdrängung
Dieses System der Verdrängung funktioniert, weil die meisten Menschen ohnmächtig die Verschlechterung ihrer Situation ertragen. Die verschiedenen Zusammenschlüsse der Immobilienwirtschaft arbeiten an der weiteren Verwertung der Stadt und damit an der Verschlechterung der Lebensbedingungen der Mieter*innen .

Viele Leute reagieren mit Wut im Bauch auf eine Mieterhöhung oder Räumungsklage. Oft wissen wir nicht, wohin mit der Wut. Wir denken, wir wären allein. Wir sind aber längst nicht mehr allein und außerdem wissen wir auch, wohin wir unsere Wut tragen können und müssen: zu den Adressen auf der „Berliner Liste“.

Wir haben gemerkt, dass es möglich ist, auf einzelne Glieder der Kette Druck auszuüben, und damit Erfolge zu erzielen. Die Verhinderung/Abwendung von Zwangsräumungen, ein partielles Umlenken auf Seiten der Politik oder das Zurückziehen von Mieterhöhung nach einem kollektiv-solidarischen Besuch – all dies ist in den letzten Monaten an einigen Stellen gelungen.

Diese kleinen Erfolge haben uns dazu veranlasst, das ganze auf eine breitere Basis zu stellen. Deswegen haben wir eine Liste erstellt, auf der konkrete Gebäude, Institutionen und Hausverwaltungen benannt werden, die das Ziel für Interventionen sein sollten.
Die kapitalistische Stadt soll wissen, dass wir viele Leute sind, die solidarisch und emanzipatorisch in Berlin leben möchten. Und, dass wir alle bereit sind für eine solche Stadt tatkräftig zu streiten.

Alle Aktionen werden auf der Liste von uns dokumentiert. Gerne könnt ihr die Kommentarfunktion nutzen oder eine Email schicken, damit Aktionen berücksichtigt werden.

 

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